Liceo Artistico Zürich

Seit mehr als zwei Jahren besucht meine ältere Schwester Anna das Liceo Artistico und ich kenne die Schule deshalb schon seit langem. Von Beginn an, war meine Schwester vom Liceo begeistert und auf einmal ging sie sehr gerne zur Schule. Dies hat mich neugierig gemacht. Die neuen Kolleginnen von Anna habe ich im Laufe der Zeit, entweder an den Liceo-Anlässen, beim Skifahren oder bei uns Zuhause kennengelernt und ich finde sie „cool“. Natürlich ist mir auch aufgefallen, dass im Liceo vor allem Mädchen zur Schule gehen. Meine Schwester findet dies sei kein Nachteil. Sie erlebt den Unterricht heute als ruhiger, während der Zeit an der Sekundarschule waren bei ihr in der Klasse die Knaben deutlich in der Überzahl und es ging oft laut und chaotisch zu und her. Selber stelle ich auch fest, dass es im Liceo mindestens teilweise ruhiger ist und ich mich besser konzentrieren kann, dennoch hat es meiner Meinung nach weniger mit der Klassenzusammensetzung, sondern eher mit dem Unterricht in Halbklassen zu tun. In vielen Lektionen sind wir nur gerade zwölf Schüler, schon allein dies senkt den Lärmpegel. Alle Kunstfächer, Mathematik, Deutsch und Italienisch werden in Halbklassen unterrichtet. Das sehe ich als grossen Vorteil gegenüber anderen Schulen, in so kleinen Klassen unterrichtet zu werden ist ein schöner Luxus! Kontakt zum Liceo Artistico und den Schülern hatte ich immer wieder und immer öfter. Meine Lehrer in der Sekundarschule hatte ich genervt, weil ich bereits im ersten Jahr der Sekundarschule an alle Besuchstage und Schnuppernachmittage im Liceo wollte. Nicht alles wurde bewilligt aber zum Glück gab es die Joker-Tage, die setzte ich für extra Besuche im Liceo Artistico ein. Als wir in der Sekundarschule den Auftrag erhielten einen Zukunftstag zu organisieren (die Mädchen mussten ein Männer- und die Knaben einen Frauenberuf prüfen) da hatte ich im Liceo Artistico bei Nicola (Hauswart) nachgefragt, ob ich bei ihm schnuppern dürfte. Ich kannte Nicola schon gut und es wurde vom Rektor zum Glück bewilligt. Mir bereitete es grosse Freude einen ganzen Tag mit Nicola zusammen zu sein, seine Arbeit ist sehr vielseitig. Nicola organisiert jeden Tag einen reichhaltigen Pausenkiosk und dieser wird von den Schülern sehr geschätzt.

Irgendwann hat mich dann das „Liceo-Virus“ auch angesteckt. Was die Kunst anbelangt, bin ich immer etwas im Schatten meiner begabten Schwester gestanden und es hat eine Weile gedauert, bis ich mir die Frage gestellt habe, ob dies nicht auch das passende Gymnasium für mich wäre. Da ich neben dem bildnerischen Gestalten auch grosse Freude an der Musik habe, hätte ich mir auch den Übertritt in ein musisches Gymnasium vorstellen können. Irgendwann hatte ich mich dann für die Aufnahmeprüfung am Liceo Artistico angemeldet. Dazu gehörte auch, dass man eine Mappe mit eigenen Arbeiten einreichte. Eine gute Mappe war wichtig, dies wusste ich und hatte deshalb oft auch in den Ferien daran gearbeitet. Ich konnte nicht auf viele Schulzeichnungen zurückgreifen, da unsere Klassenlehrerin in der Sekundarschule, den Zeichnungsunterricht oft für anderen Unterricht benutzt hatte. Nachdem ich also die kantonale Aufnahmeprüfung für das Gymnasium bestanden hatte, mussten die verbliebenen Kandidaten noch für die künstlerische Prüfung antreten. Das Warten auf das Resultat war eine Qual und was alles noch unangenehmer machen sollte, am Stichtag war der Briefkasten leer. Alle hatten am Freitag bereits Bescheid und ich musste, weil die Post versagt hatte, noch das Wochenende bis zum Montag in Ungewissheit ausharren.

Nun bin ich also seit wenigen Monaten im Liceo. Für mich ist es das schönste Schulhaus überhaupt. Mit seinen ca. 240 Schülern bleibt alles übersichtlich und familiär. Es ist ein öffentliches Gymnasium und das spezielle an der Schule ist, dass der Unterricht von Anfang an in deutscher und in italienischer Sprache statt findet. Vor dem Eintritt in das Liceo konnte ich noch gar kein Italienisch aber ich habe gesehen wie schnell meine Schwester mit der neuen Sprache klar gekommen ist, also kann ich es wohl auch noch lernen. Ein weiterer Schwerpunkt der Schule bilden die Kunstfächer. Jede Woche werden neun Lektionen vermittelt und zwar aufgeteilt in Zeichnen, plastisches Arbeiten und technisches Zeichen. Für zukünftige Schüler bleibt es deshalb eine Voraussetzung, dass sie Freude an der Kunst haben, sonst werden es fünf lange Jahre werden. Wer also möglichst schnell die Matur anstrebt der ist im Liceo am falschen Ort, denn der Unterricht hier dauert ein Jahr länger. Mir macht dies nichts aus, der zweisprachig Unterricht, der intensive Kunstunterricht und nicht zuletzt die jährlichen zwei Studienwochen in Italien wiegen diesen Nachteil wieder auf. Eben bin ich aus den Studienwochen in Mailand und Morbegno zurückgekehrt. Meine Erlebnisse kann ich mit meiner Schwester, die ihre Studienwochen in Florenz verbrachte, austauschen. Sehr gespannt sind wir beide, wohin es uns nächstes Jahr verschlägt. Glück habe ich auch mit meiner Klasse, wir kommen alle sehr gut zurecht miteinander. Wir haben es oft sehr lustig. Leider kommen wir aus verschiedenen Ecken des Kantons und wohnen zum Teil in grosser Distanz voneinander, spontane Treffen sind so kaum möglich. Zur Schule pendle ich übrigens jeden Tag, von Winterthur nach Zürich, mit Zug und Tram und so verbringe leider viel Zeit in öffentlichen Verkehrsmitteln. Ein wenig habe ich mich schon daran gewöhnt. Schade nur, dass die S-Bahnen immer überfüllt sind, so kann ich die Zeit für mich kaum sinnvoll nutzen. Momentan stecke ich noch in der Probezeit, gut wenn diese Zeit bald vorbei ist und ich im Liceo ganz angekommen bin!

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